zurück  19.2.2021 Leserbrief in der FN
„Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und nicht der Fahrgastzahlen“


Lauda / Königshofen Hier hat der Leser das Wort Zum dauerhaften Betrieb der Frankenbahn zwischen Lauda und Osterburken

Fährt die Frankenbahn (wieder) dauerhaft zwischen Lauda und Osterburken? Oder werden die Anlieger erneut vom Bahn-Nahverkehr ausgegrenzt? Für mich eine Frage der Gerechtigkeit, nicht der Fahrgast-Zahl.

1856 beschloss die Badische Ständekammer als Gesetz die Notwendigkeit einer Bahnlinie von Heidelberg „längs dem Odenwald in der Richtung nach Würzburg“. Die Anlieger-Gemeinden wetteiferten: Sie gaben Flächen und Landschaft – sie erhielten dafür Bahnhöfe, den Anschluss an die Welt.

1866 wurde die Odenwaldbahn Heidelberg-Würzburg eröffnet. Fünf Bahnhöfe zwischen Osterburken und Lauda waren sofort dabei: Rosenberg, Eubigheim, Wölchingen, Unterschüpf, Königshofen. Das sind mehr, als heute bedient werden. Rasch folgten Schweigern und Hirschlanden, später Sachsenflur und Uiffingen. Tagtäglicher Bahn-Nahverkehr, auch am Wochenende: im Großherzogtum Baden, im Kaiserreich, in der Weimarer Republik. Meist auch in Kriegszeiten. Ebenso im Bundesland Baden und Baden-Württemberg – bis zum Kahlschlag 1985. Zwischen Lauda und Osterburken Streichung aller Nahverkehrszüge, mit Billigung der Landesregierung.

Damalige Verkehrspolitik: Die Bahn zieht sich vom flachen Land zurück. Man setzt auf Busse statt Bahn, Straße statt Schiene. Wir liegen direkt an der Schiene und wurden vom Bahn-Nahverkehr ausgegrenzt. Keine Kommune wurde dabei schwerer geschädigt als Boxberg: gleich vier Bahnhöfe verloren . . .

Doch die Bahnpolitik änderte sich. Nach dem Motto des Karlsruher Stadtbahn-Modells „Die Bahn muss zu den Menschen kommen“ wuchsen S-Bahnen aufs flache Land. Unsere alte Odenwaldbahn wurde zur S-Bahn von Heidelberg bis Mosbach-Osterburken – aber unsere Strecke blieb ausgegrenzt. Der Abschnitt Osterburken-Würzburg zählte inzwischen zur Frankenbahn. Auch hier fortlaufend Verbesserungen, auch zwischen Lauda und Würzburg – nur unsere Strecke weiter ausgegrenzt.

Die Kreisakteure erkannten: Der Nahverkehr Lauda-Osterburken muss wiederbelebt werden. Nach Gutachten und Diskussionen einigte man sich auf die Frankenbahn im Zwei-Stundentakt, zuerst Ausbau der vier seit 1998 mini-bedienten Haltestellen, danach weitere Haltestellen.

Ab 2019 sollte der Dauerbetrieb im Zwei-Stundentakt kommen. Das Land stimmte zu – auch 2011 und bis zum Oktober 2013. Da sagte der neue Verkehrsminister plötzlich: Stopp! „Aufgrund finanzieller Rahmenbedingungen“ könne die Regionalbahn Osterburken-Lauda 2019 noch nicht anlaufen. Die gesamte Verkehrspolitik werde neu ausgerichtet. Ergebnis auf Landesebene: offenbar viele Verbesserungen. Ergebnis für Lauda-Osterburken: Stillstand, erneute Ausgrenzung. Ein Jahrzehnt Anstrengungen zur Reaktivierung zerschlagen – das verdient die Note 6 = ungenügend. Es folgten persönliche Schreiben an den Minister, Leserbriefe, Resolutionen der Parlamente, Schreiben von Amtsträgern, die Unterschriftenaktion von Ahorn – jahrelang alles umsonst. Erst die Demos der Bürgerinitiative „Frankenbahn-für-alle“ im Mai 2018 mit der Maximal-Forderung „S-Bahn-Lückenschluss Osterburken-Lauda-Würzburg“ bewirkten einen Kurswechsel.

Plötzlich ging es doch: Bahn-Nahverkehr zwischen Lauda und Osterburken, sogar im Stundentakt. Ein Erfolg – aber eingeschränkt: Die Landkreise müssen mitbezahlen, der Betrieb nur zur Probe, zunächst für drei Jahre, auf nur vier Haltestellen begrenzt (wobei Königshofen noch immer nur halb bedient wird). Und die Damokles-Forderung: mindestens 500 Fahrgast-Kilometer täglich. Wurden bei der S-Bahn Mosbach-Osterburken Mindest-Fahrgäste verlangt? Wurden bei der Frankenbahn Lauda-Würzburg Mindest-Fahrgäste verlangt? Weder noch – aber für Lauda-Osterburken. Hier ist sie wieder, die Ausgrenzung, die uns wie Bürger und Bürgerinnen zweiter Klasse behandelt. Damit muss endlich Schluss sein!

Ich verstehe die 500er-Zahl als Ansporn, nicht als K.o.-Kriterium. Nach 30-jähriger Bahn-Ausgrenzung braucht es mehr als drei Jahre Hoppla-Hopp, mehr als dreieinhalb Jahre „auf Probe“ bediente Haltestellen, um verlässlich zur Bahn zurückzukehren. Hier sind alle gefordert. Grundlage ist die Grundsatz-Entscheidung für einen dauerhaften Bahn-Nahverkehr Lauda-Osterburken.


© Fränkische Nachrichten, Freitag, 19.02.2021 Leserbrief-Schreiber: Dr. Dieter Thoma zurück

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