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„Viele werden wieder auf das Auto vertrieben“


Probleme auf der Frankenbahn Ausfälle, Verspätungen, überfüllte Züge / Fahrgäste machen ihrem Unmut Luft / Am Samstag und Sonntag jeweils 14 Züge gestrichen

Seit Mitte Dezember betreibt die Firma Go-Ahead die Regionalexpress-Züge zwischen Stuttgart, Osterburken und Würzburg. Von Anfang an gab es Probleme – und es wird nicht besser.

Adelsheim/Osterburken. Schon vor dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember gab es viel Kritik am damaligen Betreiber, der DB Regio. Unpünktlichkeit und Zugausfälle aufgrund von Personalmangel waren das größte Problem – und daran hat sich auch nichts geändert, seit die neuen Betreiber übernommen haben. Auch sie kämpfen damit, dass es zuwenig Lokführer gibt.

Zugespitzt hat sich die Situation bei den Regionalexpress-Zügen an den beiden vergangenen Wochenenden: Allein am Samstag und Sonntag sind auf der Frankenbahn jeweils 14 Züge ausgefallen – sozusagen planmäßig. Betreiber Go-Ahead hatte die Ausfälle am Freitag angekündigt und mit Personalmangel begründet. Das Unternehmen hat, wie auch der zweite neue Betreiber Abellio, noch mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen. So sind die bestellten neuen Züge nur zum Teil rechtzeitig geliefert worden. Deshalb müssen sich die „Neuen“ Fahrzeuge bei DB Regio ausleihen. Paradoxerweise freuen sich viele Fahrgäste darüber: Die alten Doppelstockfahrzeuge bieten mehr Platz als die neuen Züge, die oft nur in der kurzen Variante unterwegs sind.

Passagiere sind sauer

Ihrem Unmut machen die Passagiere unter anderem auf „Drehscheibe online“ und im „Weblog zur Frankenbahn“ Luft. Tagtäglich wird von Ausfällen, Verspätung und Überfüllung berichtet. „Es gibt weder Zugverbindungen am Morgen von Würzburg nach Stuttgart, noch am Abend von Stuttgart zurück nach Würzburg“, stellt Matthias Friedlein, ein Informatiker aus Korb, am Montag, 27. Januar, in seinem Kommentar fest: „RE 8 ab Stuttgart, 15.42 Uhr – Totalausfall, RE 8 ab Stuttgart, 19.07 Uhr – Totalausfall, RE 8 ab Stuttgart, 20.12 Uhr – Totalausfall. Das bedeutet knapp drei Stunden keine Verbindung von Stuttgart nach Würzburg“.

Das setzte sich in den folgenden Tagen fort. Viele Züge im Berufs- und Schülerverkehr von Osterburken in Richtung Heilbronn und Stuttgart ab 6.32 Uhr und ab 7.30 Uhr fielen ebenfalls aus. Mit Galgenhumor wird über „Go away“ berichtet, die Frankenbahn wird da zur „Krankenbahn“.

„Inakzeptables Angebot“

Auch Ralph Gaukel, Mitglied des Lenkungskreises der Bürgerinitiative „Frankenbahn“ (BI) und SPD-Stadtrat in Adelsheim, gehört zu den Betroffenen. Aus seiner Sicht ist das Angebot am Morgen zwischen 6 und 8 Uhr inakzeptabel. Es habe bereits viele wieder auf das Auto „vertrieben“. Das betrifft auch Gaukel selbst. „Ich bin nicht bereit, mit Umsteigen 80 Minuten Bahn zu fahren, wo ich mit dem Auto 45 Minuten brauche.“

„Chronisch überfüllt“

Aus seiner Sicht gibt es neben den Problemen mit den Fahrzeugen und dem Personalmangel noch eine andere Schwierigkeit: Die Züge seien gerade in den Stoßzeiten chronisch überfüllt. „Bislang im RE der DB gab es 500 Sitzplätze, jetzt mit Go-Ahead sind es etwa 250 Sitzplätze, in die Abellio-Regionalbahn passen etwa 100 Leute rein.“

Auch Online-Kommentatoren berichten von Türen, die sich kaum noch schließen, so voll seien die Züge. „Es wird klar, dass das Land hier zu wenig Kapazität bestellt hat“, vermutet Gaukel.

DB Regio fährt für Go-Ahead

Nun scheint es Konsequenzen zu geben: Auf „Drehscheibe online“ informierte am Donnerstag ein Nutzer, dass DB Regio einzelne Regionalexpress-Zugleistungen für Go-Ahead fahren wird. Hintergrund, so wird auf der „Drehscheibe“ spekuliert, seien die aufgrund von Personalmangel ausgefallenen Fahrten auf der Linie RE 8 zwischen Stuttgart und Würzburg.

Go-Ahead bestätigt auf Anfrage der FN, dass DB Regio übernimmt, betont aber, dass sich deshalb an der verkehrsvertraglichen Situation zwischen der Nahverkehrsgesellschaft Baden Württemberg und Go-Ahead nichts ändere. Ab dem 2. März werden demnach zwei Zugpaare täglich mit DB-Doppelzügen fahren, und zwar von Montag bis Freitag. Kommentatoren aus der Szene erklärten postwendend, dass es gerne noch mehr sein dürften.

Im April wird dieser Wunsch erfüllt: Von 10. April bis einschließlich 13. Juni verkehren täglich zwölf Doppelstockzüge von DB Regio für Go-Ahead zwischen Stuttgart und Würzburg, berichtet die Pressestelle des britischen Unternehmens weiter.

Grund sei, dass das Verkehrsministerium während der bevorstehenden Sperrung der Schnellfahrstrecke Stuttgart-Mannheim ein deutlich größeres Fahrgastaufkommen auf der Frankenbahn erwarte und deshalb in den besonders nachfragestarken Zeiten die Kapazitäten erhöhe. Zusätzlich gebe es eine zweite Fahrzeugnachbestellung von Go-Ahead für die Frankenbahn. „Dieser Einsatz von Fremdfahrzeugen“, also der DB-Doppelstockwagen, „wurde zwischen dem Land und den betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen gemeinsam geplant und entschieden, um den Betrieb im Sinne der Fahrgäste zu stabilisieren“, lautet die Erklärung von Go-Ahead.

Prekäre Situation in Lauda

Besonders prekär war nach den Berichten der Fahrgäste die Situation in den vergangenen Tagen im Main-Tauber-Kreis. Denn viele Züge aus Stuttgart fuhren gar nicht bis Würzburg, sondern endeten in Lauda – Insider nennen fehlendes Personal am Standort Lauda als Ursache.

Auch hier gibt es paradoxerweise eine „positive“ Nebenwirkung: Wenn die Regionalexpress-Züge nicht fahren, weichen Pendler auf andere Züge aus, unter anderem auf die ebenfalls seit 15. Dezember stündlich zwischen Osterburken und Würzburg verkehrenden Regionalbahnen. Sie fahren im Rahmen eines zweijährigen Pilotprojekts, das die Landkreise Main-Tauber und Neckar-Odenwald finanzieren. Diese Züge sind allerdings nur von Montag bis Freitag unterwegs.

BI und Politiker protestieren

Schon im Dezember hatten Kommunalpolitiker und die BI Nachbesserungen bei den Regionalbahnen und Regionalexpress-Zügen gefordert. Damals wurden nicht nur Zugausfälle, Verspätungen, zusätzlich nötige Umstiege und fehlende Verbindungen im Berufsverkehr bemängelt, sondern auch die Tatsache, dass viele bisherige Regelhalte der Regionalbahnen bald nur noch Bedarfshalte sein sollen. Das wird unter anderem Adelsheim-Ost und Sennfeld treffen.

Reaktionen gab es bisher noch nicht. Ralph Gaukel fürchtet: „Zum kleinen Fahrplanwechsel im Juni passiert wohl kaum was. Wir müssen auf den Fahrplanwechsel im nächsten Dezember warten und hoffen, dass das Verkehrsministerium die Ideen der Bürgerinitiative, Kommunalpolitiker und der Pendler aufnimmt und umsetzt.“



© Fränkische Nachrichten, Montag, 24.02.2020, Autor: Sabine Braun (sab) zurück

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